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© Ryan McGuire auf Pixabay

Haare kulturgeschichtlich betrachtet

Haare gehören zum Menschen dazu. Seit wann sich der Mensch ernsthafte Gedanken über seine Frisur macht, dass lässt sich nicht sicher datieren, sinnieren lässt sich darüber allerdings vortrefflich. Mal Pragmatismus, mal Eitelkeit, mal Zierde mal Abschreckung ... Motive, sich oder anderen die Haare zu "machen" sind reichlich vorhanden. Wir beleuchten das haarige Thema einmal mit kulturgeschichtlichem Fokus. Viel Freude!

Inhaltsverzeichnis

Haar – der biologische Begriff

Ein Haar ist ein aus den oberen Hauschichten eines Säugetieres wachsender „Hornfaden“, welcher im Wesentlichen aus Keratin besteht. Keratin ist hierbei ein Sammelbegriff für verschiedene Faserproteine, die in Hornsubstanzen vorhanden sind. Beim Menschen beschränken sich diese, neben dem Haar, auf Finger- und Zehennägel. Während der Haarwuchs bei den meisten Säugetieren so stark ausgeprägt ist, dass wir von Fell oder Pelz sprechen, ist die Körperbehaarung beim Menschen nicht etwa weniger vorhanden, sondern vielmehr weniger dicht oder ausgeprägt. In der Tat ist der komplette menschliche Körper behaart. Ausnahmen bilden Schleimhäute, Lippenrot, Brustwarzen, sowie Handflächen und Fußsohlen. Während sich der „dichte Haarwuchs“ auf dem Kopf erhalten hat, beschränkt sich eine dichte Körperbehaarung auf Regionen wie Achseln, Scham, Beine und je nach Geschlecht Brustbehaarung sowie Bartwuchs bei Männern. Der Rest des menschlichen „Pelzes“ ist zwar sehr wohl vorhanden, jedoch meist so dünn und unausgeprägt, dass man ihn kaum wahrnimmt. Genau genommen sind wir Menschen nicht weniger behaart als unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen. Bei den Menschenaffen ist das Fell evolutionär bedingt lediglich dichter und stärker ausgeprägt als bei uns Menschen. Im Gegensatz zu anderen Säugetieren ist bei Menschenaffen interessant, dass auch bei ihnen die gleichen Regionen gänzlich unbehaart sind wie bei uns Menschen, während Katzen und Hunde beispielsweise sehr wohl Fell an, bzw. unter den Füßchen haben. Dies liegt jedoch weitestgehend an der unterschiedlichen Anatomie. Auch unsere Finger und Handrücken sind behaart. Deutlich wird das Beispiel wiederum tatsächlich bei Menschenaffen, die, wie wir, vollkommen haarlose Handflächen haben, jedoch einen ebenso bewachsenen Hand- oder Fußrücken.

Wenn die Haare „zu Berge“ stehen

Unter Umständen ist die Redewendung: „Da stehen mir die Haare zu Berge“, hinreichend bekannt. Dies ist eine Situation, in der man die vorhandene und oft unbeachtete Körperbehaarung tatsächlich bemerkt. Bildet sich eine Gänsehaut, z. B. bei Temperaturabfall oder in einer Schrecksekunde, so stellen sich die kleinen dünnen Härchen an Armen, Beinen, dem Genick oder anderen Körperregionen auf und sind „spürbarer“, bzw. sichtbar. Die Haare stellen sich bei diesem Vorgang nicht selbstständig auf, sondern werden vielmehr in eine aufrechte Position gezogen, da sich unsere Haut zusammenzieht. Mit der richtigen Beleuchtung wird man unter Umständen überrascht sein, wie viele Härchen man an einer sonst so haarlos vermuteten Stelle entdecken kann.

Die Anatomie

Wie und wo Haare wachsen, ist ein Gegenstand, welcher uns allen im Biologieunterricht der fünften Klassenstufe begegnet. Die Haar-Papille der Haarwurzel, Talgdrüse oder Baselmembran soll an dieser Stelle nicht vertieft werden. Wir alle erinnern uns an den Querschnitt der Haut mit der Haarwurzel aus dem Biologie-Buch. Gleichbleibend ist, dass sämtliche Haare in dieser biologischen Form aufgebaut sind. Nicht nur unsere menschliche Kopf- und Körperbehaarung, sondern auch die Felle unserer pelzigen Freunde in Haus, Hof, Wald und Wiese.

Das menschliche Kopfhaar wächst etwa 1,5 Zentimeter im Monat. Da sich während des Wachstums verschiedene Stoffe des Körpers im Haar niederschlagen, bzw. absetzen und das Haar auch deutlich langsamer „verwest“, bietet der Haarwuchs teilweise wertvolle Informationen in den wissenschaftlichen Fachgebieten der forensischen Anthropologie und Gerichtsmedizin.

Wusstest du schon?

Populärer Irrglaube: Haare wachsen nach dem Tode weiter.

Diese „Volksweisheit“ stimmt nicht. Da das Haar, wie auch die Finger- und Zehennägel kein wasserlösliches Material sind und augenscheinlich nicht unmittelbar direkt in Verbindung mit lebenserhaltenden Körperfunktionen stehen, hat sich die Gruselgeschichte verfestigt, Haare und Nägel würden nach dem Tode weiter wachsen können. Diese Annahme ist falsch, da mit dem Herzstillstand auch der Blutkreislauf, und damit das körpereigene Transportsystem, erliegt. Ohne Energie und Nährstoffe kein Wachstum. Haarwurzeln und Nagelbett sind eigenständig nicht in der Lage, aus umliegenden sterbenden Zellen die nötige Nahrung, respektive Energie, abzuziehen, um dann weiter zu wachsen.

Haare in der Anthropologie:

1921 bemerkten Bauern im dänischen Egtved ein Hühnengrab, in welchem Archäologen später die sterblichen Überreste einer um 1400 v. Chr., der älteren nordischen Bronzezeit, bestatteten jungen Frau entdeckten. In diesem Grab waren Kleidungsstücke aus Schafwolle (Haar) sehr gut erhalten, die in der Kopenhagener Restaurierungswerkstatt einige Rätsel aufwarfen, da die Kleidung für die Region unüblich erschien. Von der Leiche selbst waren nur einige wenige Weichteile erhalten, Zähne und an den Seiten kurz rasiertes und hinten halblanges Kopfhaar.

Die für Skandinavien untypische Kleidung der jungen Frau brachte die Anthropologen des dänischen Nationalmuseums auf den Plan, die Haare durch eine Analyse der Strontiumisotopensignaturen des Haares untersuchen zu lassen. Anhand dieser Untersuchung konnten die Anthropologen feststellen, dass die im dänischen Egtved bestattete und gefundene Frau erst kurz vor ihrem Tod in Danemark angekommen sein muss, dass sie ursprünglich aus dem Raum Schwarzwald stammte und in den 2 Jahren vor ihrem Tode etwa 3.000 Kilometer Wanderung durch das bronzezeitliche Nordeuropa unternommen hatte. All dies konnte bei dem Mädchen von Egtved anhand von Signaturen im Haar festgestellt und zweifelsfrei belegt werden. Die gleichen Methoden wendet auch die forensische Gerichtsmedizin an, um den Herkunftsort unbekannter Leichen zu ermitteln. In Verbindung mit dem Haarwachstum kann man somit nicht nur die Herkunft, sondern sogar mögliche zeitliche „Bewegungsprofile“ ermitteln. Zumindest dann, wenn der unbekannte Tote in den Monaten oder Jahren vor seinem Tode größere Strecken zurückgelegt und sich unterwegs die Haare nicht hat schneiden lassen.

Haartrachten in der Antike

Während die Haare des Mädchens von Egtved ein junges Mädchen der Bronzezeit mit ungeahnter Reiselust dokumentieren, fand man in einem Moor bei Osterby, Schleswig-Holstein den Schädel, eines vor rund 2000 Jahren verstorbenen Mannes, mit einer beeindruckenden Frisur. Nahezu unbeschadet erhalten ist ein aufwendig geflochtener seitlicher Haarknoten, der belegt, dass auch unseren Vorfahren „Haartrachten“ nicht unbekannt waren. Für die Öffentlichkeit ausgestellt ist dieser Schädel des Mannes von Osterby derzeit in dem Landesmuseum Schleswig-Holstein, Schloss Gottorf in Schleswig.

Die Erkenntnis antiker Haartrachten ist nicht neu. Von den Ureinwohnern Nord- und Südamerikas, den Römern, Griechen, Kosaken wissen wir, dass Haartrachten in antiken Zeiten sehr oft Aufschluss über Stand oder Stammeszugehörigkeit gaben. Traditionen, die hin und wieder sogar wieder aufleben. In den 1980er Jahren entdeckte die Jugendbewegung der „Punks“ den Haarschnitt des Nordamerikanischen Stammes der Irokesen für sich und machte ihn auch in unseren Breiten zum Leidwesen vieler Eltern wieder „modern“. Die Geschichte der unterschiedlichen Kulturen und Epochen böte in jedem Fall noch ausreichend Material und Mode, um auch die Eltern künftiger Generationen zu einem Kopfschütteln zu bringen.

Interessant im Hinblick auf die Haare vergangener Zivilisationen oder Volksgruppen ist die Tatsache, dass sich an so vielen unterschiedlichen geografischen Standorten und auch in verschiedenen Epochen ähnliche Muster abzeichnen. Nicht so sehr in einer etwaig gleichen Haartracht, sondern vielmehr in den oft ähnlichen Deutungskonzepten unterschiedlicher Frisuren.

Ob ein Mann ein „guter Krieger“ war, konnte man einem nordamerikanischen Ureinwohner ebenso am Kopfhaar, bzw. dessen Schmuck ablesen wie einem Wikinger. Obwohl beide Völker auf vollkommen unterschiedlichen Kontinenten lebten und nie maßgeblich miteinander in Kontakt oder in Handelsbeziehungen standen.  

Die Haare nordamerikanischer Ureinwohner

Bei den nordamerikanischen Ureinwohnern ist bekannt, dass auch die Männer Langhaarfrisuren trugen. Stammeszugehörigkeit und Stand innerhalb der Stammesgemeinschaft wurde durch den Haarschmuck ausgerückt. Die klassische Adlerfeder sei hierbei erwähnt. Unterschiedliche „Auszeichnungen“ oder Lebensläufe ließen sich nicht selten an der Färbung sowie der Position einer Feder erkennen. Es machte also tatsächlich einen Unterschied, ob die Feder eines Kriegers am Hinterkopf gerade nach oben oder in einer abgewinkelten Position angebracht wurde. Solche „Zeichen“ ließen erkennen, ob z. B. ein Krieger schon Kampferfahrung hatte, ob er bereits Feinde tötete oder gar selbst schon verletzt worden ist. Am ehesten ließen sich diese Federzeichen mit Rangabzeichen und Orden einer modernen Armee vergleichen.

Skalpieren war keine Erfindung der amerikanischen Ureinwohner!

Wenn man von Haaren und nordamerikanischen Ureinwohnern spricht, werden unter Umständen die Geschichten von Karl May ins Gedächtnis schießen, in welchen „tapfere Krieger“ den Skalp ihrer Feinde nahmen, um diese im Jenseits zu demütigen. Wenngleich Herr May die meiste Zeit seines Lebens im Knast saß und selbst nie im „Wilden Westen“ gewesen ist, so stimmt es, dass die Unsitte des Skalpierens existiert hat. Erfunden wurde diese Art der Verstümmelung, bzw. Folter aber nicht von den amerikanischen Ureinwohnern, sondern von den Franzosen, die sich als Besatzungsmacht eine Weile mit den Engländern in Nordamerika herumprügelten. Bereits ansässige Siedler setzten Mordprämien auf Ureinwohner aus, um Haus und Hof in Sicherheit zu wiegen. Französische Soldaten zogen aus, um Ureinwohner zu töten und um die Prämie auch zu erhalten, schnitt man den Getöteten den „Skalp“ ab, um ihn als Beweis einer Tötung mitzunehmen. Die tragischen Aspekte dieser unguten Idee sind, dass man nicht tot sein muss, um skalpiert zu werden, und dass die Ureinwohner diese Unsitte wirklich übel nahmen. Nicht so sehr als Mord, als vielmehr, dass der Ermordete im Jenseits ohne Haupthaar gedemütigt werden würde. Dies wird einer der Gründe sein, warum die Ureinwohner sich diese „französische Tradition“ sehr schnell aneigneten, um auch ihren besiegten Feinden eine Scham im Jenseits zu bescheren.

Beim Skalpieren wird die Kopfhaut kreisförmig um ein Haarbüschel eingeschnitten und dieser Haarbüschel dann mitsamt der Kopfhaut vom Schädel gerissen. Da man diese schmerzhafte Prozedur durchaus überlebt, braucht man über einen moralischen Wert so einer Folter, bzw. Verstümmelung nicht zu diskutieren. Als Körperstrafe oder Züchtigung wird das Skalpieren heute in keinem Land der Erde offiziell angewandt.

Die Haare der Wikinger

Bei Wikingern denkt man schnell an bärtige Zottelköpfe mit einem Hörnerhelm. Bis auf den Helm ist diese Annahme auch fast richtig. Tatsache ist jedoch auch, dass zumindest die Frauen der Wikinger begnadete Zopfflechterinnen gewesen sein müssen, die auch ihren Männern die Haare flochten. Leichenfunde in Dänemark und Schweden belegen diese „Kunst“ und bei einigen der auch heute noch ausgestellten „Moorleichen“ lässt sich ahnen, dass die Frisuren zu Lebzeiten nicht unattraktiv gewesen sein können. Es gibt in Skandinavien verschiedene „Nostalgie-Vereine“, die versuchen Mode, Frisuren und Kleidung zu recherchieren und diese dann anlässlich von „Wikingertagen“ oder ähnlichen Veranstaltungen zu präsentieren. Die bedeutendsten dieser „Wikinger-Fans“ findet man jährlich bei den Wikingertagen in Schleswig, welches nahe an der ehemaligen Wikingersiedlung Haithabu an der Schlei liegt, sowie Wikingertreffen in der ehemaligen Wikingerfestung Fyrkat im nördlichen Dänemark. Das Beeindruckende an solchen Veranstaltungen ist die Detailtreue, mit der die Darsteller „die alte Zeit“ präsentieren. Da die Flechtfrisuren der Wikingerfrauen viel zu aufwendig sind, um sie heute als „alltagstauglich“ zu bezeichnen, sei erwähnt, dass die sogenannten „Cornrows“ eine Erfindung der Damen aus dem antiken Norden sind. Hierbei werden stramme Zöpfe von vorn nach hinten eng an den Kopf geflochten. Praktisch war diese Frisur für all die Wikingerfrauen, die sich in der Abwesenheit ihrer Männer an Jagden und auch Kampfhandlungen beteiligten. Auch heute noch ist diese Frisur in einigen Sportarten bei Frauen mit längeren Haaren durchaus beliebt. Allen voran wird man nicht lange suchen müssen, um Boxerinnen oder Kämpferinnen des MMA (Mixed Martial Arts) mit solchen Frisuren zu finden. Ganz im Geiste der skandinavischen Kriegerinnen also.

Die Haare der Römer

Während sich die nordischen Germanenstämme noch an ihrer Haarpracht erfreuten, waren römische Legionäre schon auf Kurzhaarfrisuren eingeschworen. Uns ist keine antike Darstellung, Büste oder Aufzeichnung bekannt, in der ein römischer Legionär oder gar einer der Caesaren lange Haare hätte. Das Gleiche gilt für die Griechen. Selbst die detailreichen Skulpturen des Meisters Michelangelo lassen keinen Zweifel aufkommen, dass Römer wie Griechen nicht „herumliefen wie die Barbaren“. Hier wurde Zivilisation geübt, mit einem erkennbaren Augenmerk auf einen „vernünftigen“ Haarschnitt. Das Ganze ist 2000-2500 Jahre her. Da soll nun noch jemand behaupten, früher wäre alles schlecht.

Slaven, Mongolen, Ägypter

Slaven und Mongolen lagen mit ihren Frisuren dichter an den Skandinaviern als an den römischen Legionären, wenngleich man in diesen Gebieten eine weibliche Flechtkunst vermisst haben wird. Während der Ukraine-Krise in den Jahren 2013 und 2014 tauchten die Frisuren des „unbeugsamen freien Reitervolkes“ der Kosaken bei ukrainischen Patrioten vermehrt wieder auf und auch Soldaten der ukrainischen Armee, die in Luhansk und Donbas um ihr Land kämpften, trugen die „Kosakenlocke“, Schnurrbart und ausrasierte Schläfen. Ganz so wie Taras Bulba und all die anderen Don-Kosaken, die Jahrhunderte vorher den Russen und Polen mit ihrer renitenten Unbeugsamkeit die Milch sauer werden ließen. Die Frisur der neuen Ukrainer transportierte damit so etwas wie ein traditionelles Bekenntnis und den Unwillen, sich zu unterwerfen.

Ganz ähnlich halten es übrigens viele Stämme der nordamerikanischen Ureinwohner, indem sie sich jährlich zu PowWows versammeln, um traditionelle Lieder und Tänze aufzuführen. Haartracht und kulturelle Identität lebt damit ipso facto weiter. Die Tradition nordamerikanischer Ureinwohner ist dabei sicherlich tragischer als das permanent renitent aufmüpfige Verhalten der Kosaken... erhaltenswert ist jedoch beides. Aus ganz unterschiedlichen Perspektiven selbstverständlich.

Dass solche aufwendigen Frisuren „Pflege“ brauchen, sei ganz unumstritten. Doch auch hier gleitet der Ursprung weit in die Vergangenheit. Im 14. Jahrhundert vor Christus beschäftigte die ägyptische Herrscherin Nofretete als erste ihres Standes „Friseure“ an ihrem Hof. Noch heute wird die bildschöne ägyptische Herrscherin dafür in der „Friseurinnung“ des mittleren Ostens ein wenig verehrt und man findet in nicht wenigen Friseursalons in Jordanien, Israel und dem mittleren Osten kleine Bilder oder Büsten der königlichen Gemahlin des Pharaos Echnaton.

Dass Haare bei den Ägyptern auch eine Rolle spielen, belegen viele Grabinschriften und Wandreliefs, in denen man nicht selten sehr luftig bekleidete Damen bemerkt, die eine Art „Beule“ auf dem Kopf tragen. Diese „Beulen“ waren tatsächlich Wachsklumpen, die mit verschiedenen wohlduftenden Ölen durchsetzt waren und im Laufe eines „Gelages“ oder gemütlichen Beisammenseins schmolzen und die Haare und Schultern der Damen mit einer wohlriechenden öligen Flüssigkeit überzogen. Den Rest mag man sich vorstellen. Man mag sich jedoch darüber einig sein, dass die alten Ägypter wussten, wie man Partys feiert.

Haartracht und Haarpracht Heute

Auch in unserer modernen Welt sind die Haartrachten als Indiz einer Gruppenzugehörigkeit nicht wegzudenken. Neben verschiedenen Jugendgruppen bedienen sich auch Volkszugehörigkeiten wie Kosaken oder Juden noch Heute „ihrer Frisur“. Bei den orthodoxen Juden sind es die „Löckchen“ und bei den Kosaken die Haarwelle über die Stirn bei kurz ausrasierten Seiten. Auch verschiedene Armee-Verbände pflegen ihre „Haartrachten“, sei es aus Tradition oder auch nur männlichem Übermut und Unvernunft.

Von Jugendbewegungen mag man nicht sprechen, da diese spätestens seit den „Pilzköpfen“ der Beatles stets und ständig ihre eigene Geschichte und Kultur schreiben, über die man gar nicht immer nachdenken sollte. Punks, Skinheads, Popper, Grufties, Emos... sie alle haben ihre eigene „Frisur“, die sich nur selten an gutem Geschmack oder der Haute Couture ausrichtet, sondern eher an den von „Idolen“ gesteckten Trends der Mode oder jeweiligen Bewegung.

Unabhängig davon tragen sich stetig ändernde „Haarmoden“ durch die Jahrhunderte. Wir denken dabei an die hohen Steckperücken der Zeit um die französische Revolution oder auch „artig“ gesteckte Frisuren der Damen in der viktorianischen Zeit oder die weiblichen Kurzhaarfrisuren in den 60er und 70er Jahren. Inzwischen scheint erlaubt, was gefällt und Moden orientieren sich schnell an einer gewissen Lebenshaltung. Ob Kurz- oder Langhaarfrisur, Cornrows oder Dreadlocks. Die Frisur wird sich in den meisten Fällen an das soziale Umfeld des Trägers oder der Trägerin angleichen.

Eine ähnliche Entwicklung kann man mit der anderen Körperbehaarung beobachten. Während vor noch wenigen Jahrzehnten „sehr behaarte“ Menschen kein großes Hallo hervorriefen, so ist unsere Gesellschaft und insbesondere Damenwelt sehr darauf bedacht, die Körperbehaarung los zu werden. Es wird rasiert, gewachst oder gar gelasert, um Achsel- Bein- oder Schambehaarung verschwinden zu lassen. Auch für Männer kommen immer wieder neue Produkte auf den Markt, die eine Rasur noch gründlicher oder noch pflegender zu machen versprechen.

In der Tat sind es auch die Männer, die Urheber einer Produktlinie sind, die fast so alt ist, wie die Haarpflege selbst: Haarwuchsmittel!

Während Frauen oft bis ins hohe Alter einen unter Umständen etwas dünneren aber weitestgehend gleichmäßigen Haarwuchs haben, leiden nicht wenige Männer mittleren Alters an „Haarausfall“. Stirnglatzen, „Geheimratsecken“ oder unbehaarte Hinterköpfe treiben das männliche Geschlecht sprichwörtlich seit Jahrhunderten in die Verzweiflung. Obwohl dieser Haarausfall, ganz ähnlich wie „Altersflecken“ auf der Haut ein genetischer „Defekt“ ist, der sich mit dem Alter ganz natürlich einstellt, so glauben viele Männer mit Wundermitteln, Salben und Haarwässern diesem Ausfall Herr zu werden. Selbst der Getränkehersteller Coca Cola warb in den Anfangsjahren damit, den Haarwuchs „reparieren“ zu können. Es hat nicht funktioniert und den Männern fielen weiter die Haare aus. Immerhin hat es Coca Cola in den 1980er Jahren geschafft, vielen Jugendlichen das Haar zu „stärken“, um sich wetterfeste Irokesenschnitte „hochzukämmen“, da das Getränk das Haar durch den hohen Zuckergehalt beim trocknen sehr klebrig und fest werden lässt. Dabei lässt sich die „Colaglasur“ auch relativ leicht auswaschen, so dass das Haar dadurch keinen Schaden nahm. Sehr viel schädlicher für die Haare sind die bei den Damen beliebten „Bleichmittel“, um sich die Haare blond, blau oder pink zu färben. Hier können bei längerer Anwendung tatsächlich Schäden entstehen, die die Struktur der Haare nachhaltig verschlechtern. Von „Haarspliss“ bis hin zu Haarausfall ist die Palette der Schäden weit gefächert. In jedem Fall wird es jedoch nichts sein, worüber sich eine Frau wirklich freut. Mit Wurzel ausgefallene oder ausgerissene Haare sind weg. Und sie bleiben weg. Es kann sein, dass ein neues Haar an der ungefähren Position nachwächst. Größere „Flächenschäden“ sind jedoch meist auch langfristig sehr nachhaltig für das allgemeine Erscheinungsbild. Die Haarlänge ist davon zunächst nicht betroffen. Ofmals „brechen“, bzw. spalten die Haare ab einer bestimmten Länge aufgrund ihrer Struktur und dieser „Haarspliss“ führt dann dazu, dass ein Friseur das Haar über der Bruchstelle abschneidet. Bei Damen, die seit Jahren an einer Langhaarfrisur herumwachsen, kann ein solcher Schnitt eine echte Tragödie darstellen. Um das Haar fester, geschmeidiger und „stabiler“ zu machen, sind nahezu unzählige Pflegeprodukte auf dem Markt. Von Dragees bis hin zu Shampoos, Conditioner oder Ölen. An der Haarstruktur kann man mit solchen Pflegeprodukten tatsächlich etwas verbessern. Nur das heiß begehrte „Haarwuchsmittel“ hat es bis Dato nicht gegeben. Selbst wenn die unterschiedlichsten Hersteller im Laufe der Jahrhunderte behaupteten ein wirksames Mittel gefunden zu haben. Ein funktionierendes Haarwuchsmittel sei also etwas wie der heilige Gral der Friseurbranche: Nicht zu finden.

Für den allzu besorgten Mann hat die Industrie wieder den Rücken gerade gemacht und „Toupets“ erfunden. Toupets sind gewissermaßen „Teilprothesen“ für die Haare. Dabei wird keine komplette Perücke aufgesetzt, sondern lediglich ein Haarteil, welches die kahle Stelle überdeckt. Ganz ähnlich wie „Extensions“ für Mädchen, die keine Geduld mitbringen, ihr eigenes Haar wachsen zu lassen. Da werden dann „Pferdehaare“ oder ähnliche Strähnen so in das vorhandene Haupthaar verflochten, dass das Haar insgesamt länger ausschaut.

Dieser kleine Ausflug in die Haarmode dokumentiert, dass „unsere Wünsche und Probleme“ keinesfalls neu sind, sondern sich teilweise quer durch unsere Jahrhunderte bewegen und auch ganz sicher noch in Jahrzehnten ein Thema sind, welches Menschen beschäftigt.

Gleichfalls wird die jeweils aktuelle Haarmode ein Thema bleiben. Während die Jugend hierbei ein nahezu existenzielles Gewicht auf die Frisur legt, wird sich das im Alter weit weniger dramatisch auf das Wohlbefinden auswirken. Friseure werden jedoch auch in Zukunft hoffentlich glückliche Kundschaft aller Altersgruppen bedienen müssen.

Am Ende sind die Haare grau. Warum eigentlich?

Mit einigem Entsetzen werden viele Menschen um die 50 Jahre vor einem Spiegel zu der Erkenntnis gelangen, dass sich graue Strähnen bilden. Man wird „alt“. Das Argument vom weisen weißhaarigen Alten wird dann kaum Trost spenden. Tatsächlich kann man gegen das Ergrauen der Haare wenig ins Feld führen, da es sich um eine vollkommen natürliche Entwicklung handelt. Der Grund für das Ergrauen von Haaren ist ganz schlichtweg ein Mangel an Melanin im Haar. An der Haarwurzel befinden sich pigmentbildende Zellen, die das Pigment Melanin produzieren, welches sich in die Hornschicht des Haarschaftes einlagert und dem Haar so seine Farbe gibt. Im Laufe der Jahre werden diese Zellen ganz natürlich weniger Melanin produzieren und das Haar „bleicht aus“. Dieser Prozess lässt sich nicht umkehren oder abschalten. Insofern wird man mit dem grauen Haar „in Würde“ leben müssen, oder aber graue Strähnen mit Haarfärbemittel zu übertönen versuchen. Da dieser Vorgang nicht bei allen Haarwurzeln gleichzeitig abläuft, werden sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zunächst graue Strähnen bilden.

 

Die gute Nachricht: Grau über Nacht ist nicht möglich.

Hin und wieder hört man Volksweisen, in denen Menschen von einem Schicksalsschlag so hart getroffen wurden, dass sie „über Nacht“ grau geworden seien. Das ist Unfug. Pigmente und Melanin lösen sich nicht einfach so in Nichts auf und kein Ereignis wird sämtliche Haarwurzeln gleichzeitig stilllegen und gleichzeitig vorhandene Pigmente aus den Haaren treiben. Sehr wohl aber wären einige wenige Medikamente in der Lage einen solchen „Ausfall“ zu beschleunigen. Sollte man also über die Einnahme eines Medikamentes graue Haare bekommen, so empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.

Abschließend sei vermerkt, dass jede weise alte Frau oder jeder alte Magier mit weißem Haar absolut glaubwürdiger ist, als ein Jüngling mit lockig güldenem Haar.

Die drei Haare des Teufels.

Haare spielen in vielen Märchen und Volkssagen eine nicht unwesentliche Rolle. Wer nicht an Hexerei glaubt, wird auch keine Probleme damit haben, drei seiner Haare zu übergeben. Rapunzel wäre es ohne ihre Haarpracht übel ergangen. Kurz: Haare finden immer wieder einen Weg in Märchen und Mythologie. Auch dies bereits durch die Jahrhunderte. Die Gebrüder Grimm schrieben von dem Teufel mit den drei goldenen Haaren und auch Tolkien lässt den Zwerg Gimli in dem Roman „Herr der Ringe“ die schöne Elbenfürstin Galadriel um ein Haar bitten, um dieses dann nach seiner Rückkehr in einen Kristall einzufassen. Galadriel schenkt ihm dann drei Haare. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann in einem Roman oder einer Novelle wieder Haare eine Rolle spielen. Und oftmals seien es auch die Geschichten, die nie aufgeschrieben werden. Wir selbst besitzen ein Glas, mit einer Locke der ersten Tochter nach ihrem ersten Haarschnitt. Die Farbe ist heute noch ebenso blond wie am Tage des Haarschnitts vor 29 Jahren und die Erinnerung ebenso lebendig.

Die Geste der „Haarlocke“ ist dabei auch nicht neu. So einige Soldaten zogen in die Schlachten der Weltkriege mit einem Foto und einer Haarlocke der Liebsten in die Schlacht. Ob diese Haarlocken dann ihren Dienst taten und die Männer wohlbehalten nach Hause zurück brachten, steht auf einem anderen Blatt. Wichtig wäre der Geist einer solchen Geste und ob dies nicht vielleicht etwas wäre, was es zu erhalten lohnte. Zumindest wird eine solche Haarlocke sicherlich ein persönlicheres Erinnerungsstück darstellen, als eine über das Bett gehäkelte Whatsapp-Nachricht. Rein als Gedanke.

Haarmode der Zukunft

Schon in den 60er Jahren machten sich die Autoren der Fernsehserie Raumschiff Orion darüber Gedanken, wie die Haarmode der Zukunft aussehen könnte. Diese Tradition setzte sich in der weitaus erfolgreicheren Serie Star Trek, Raumschiff Enterprise fort und wem sind nicht die Frisuren von Spok und den Romulanern vor Augen. Ob sich die Zukunft tatsächlich wirklich so gebärdet, mag niemand sagen und gemessen an dem „Geist der Zeit“ werden wir sicherlich keine optisch anstrengenden Modeerscheinungen zu erwarten haben. Trotzdem bliebe es interessant, wann sich welche Mode eventuell wiederholt. Wenngleich die Wahrnehmung der Gesellschaft da sicherlich auch etwas leidet. Fakt bleibt, dass die Haarmode in der Zukunft, wie auch in der Vergangenheit, ein fester Bestandteil des „Sets“ der Mode bleiben wird und neben der Kleidung das „Gesicht“ einer Epoche beschreibt. Ob Mary Poppins oder Marie Antoinette. Wir alle könnten den beiden Frauen umgehend die richtige Frisur zuordnen und beschreiben damit die Mode ihrer jeweiligen Zeit.

Trachten und Haare

Neben der Frage, um die Zukunft etwaiger Haarmoden sollte man nicht außer Acht lassen, dass es da durchaus Haarmoden gibt, die bereits Jahrhunderte gemeinsam mit uns durch die Zeit schleichen. Mitglieder von Trachtenvereinen werden die „Tücken“ solcher am Leben gehaltener Traditionen kennen, ohne diese jedoch negativ zu behaften. Frisuren sind in vielen Fällen quasi fester Bestandteil der Tracht. Bei friesischen Bauerntrachten werden zum Beispiel Hauben getragen, die über einen vorher gesteckten Haarknoten am Hinterkopf der Frau gesteckt werden. Die Liste solcher „alten Frisuren“ ist ellenlang. Von den „Indianern der Great Plains“ über die Wikinger in Fyrkat bis hin zu den Volkstanzgruppen auf den Nordsee-Inseln. Sie alle halten ihre Tradition am Leben. Mit den Trachten und auch den dazu gehörigen Frisuren. Mindestens bei solchen „lokalen Trachten“ werden uns die oft reizenden Frisuren der Vergangenheit immer wieder begegnen. Es liegt nicht nahe, dass eine Mädchengang der Zukunft den Amrumer Haarknoten für sich entdeckt und komplett neu belebt. Wichtig für die Tradition ist es jedoch, nicht alles aussterben zu lassen. Das bedeutet nicht, dass unsere Omas wieder Haarknoten tragen wie die Trümmerfrauen oder unsere Frauen bei einem Besuch im Restaurant auf dem Kopf aussehen wie Mary Poppins. Sehr wohl aber, dass sich zumindest eine kleine Gruppe daran zu erinnern vermag, wie die Wikingerfrauen ihre langen Haare so kunstvoll flochten oder wie man auf den Nordseeinseln eine Haube an den Haaren feststeckt.

Interessant ist auch hier, dass es solche „Trachtengruppen“ in nahezu jedem Winkel der Welt gibt. Von spanischen Flamenco-Tänzerinnen bis hin zu bunten Trachtengruppen der Osterumzüge in dem philippinischen Manila. Da sitzt sozusagen jede Frisur genauso, wie es immer schon war.

Fantasy-Trachten und Cosplay

Wenn man von Trachten und davon begeisterten Menschen spricht, sei auch die Riege der „Cosplayer“ nicht unerwähnt. Hierbei handelt es sich überwiegend um junge Menschen, die mit irrsinnigem Aufwand, Liebe und Detailverliebtheit die Kostüme, Make-Ups und Frisuren ihrer „Lieblingshelden“ nachbasteln, um sich auf Game- oder Comic-Conventions oder anderen Happenings damit zu präsentieren. Ursprünglich stammt diese Cosplay Idee aus Japan. Inzwischen umspannt die Cosplay-Gemeinde die ganze Welt, und es ist beeindruckend zu sehen, wie viel Herzblut die Cosplayer in die Nachgestaltung einer Computerspielfigur oder eines Comic-Charakters legen. Wie bei den historischen Trachtengruppen ist auch beim Cosplay die „korrekte Frisur“ ein wichtiger Bestandteil des gesamten Kostüms.

Fazit

Die Haare gehören „dazu“ ... so war es und so wird es bleiben. Irgendwann werden unser aller Haare grau. Das ist der Lauf der Zeit. Und allen von uns gefällt Gandalf der Graue als grauhaariger alter Mann besser, als wenn der bekannteste Magier der Welt neben Harry Potter, ein blonder Jüngling wäre.

Kommentar von Susanne M. |

Mir fällt auf, dass viele unzufrieden sind mit dem Haar, das die Natur ihnen gegeben hat: Man denke nur an die vielen Blondinen, die in Wirklichkeit keine sind. Andere wiederum – meist Frauen – mögen ihr glattes Haar nicht und lassen sich Dauerwellen machen oder legen selbst mit dem Lockenstab Hand an. Wer hingegen lockiges oder welliges Haar hat wie meine Tochter, wendet schon mal viel Zeit auf, um es mit dem Glätteisen zu bändigen. Meine Mutter föhnte mir in meiner Kindheit gern die Haare glatt. Meine Kommunionsfotos zeigen mich beispielsweise glatthaarig mit Innenrolle, so als seien ihr meine Naturlocken für diesen besonderen Tag zu unordentlich gewesen.

Kommentar von Samira |

Auf Dauer ist ein vollständiges Ergrauen der Haare unvermeidlich, da Wasserstoffperoxid nicht nur die Melaninproduktion lahmlegt, sondern auch andere Enzyme beeinträchtigt, die zum Wiederaufbau geschädigter Proteine ​​benötigt werden. Dies setzt eine Kette von Ereignissen in Gang, die im Verlust von Pigment im Haar von der Wurzel bis zur Spitze gipfelt. Allerdings sind unsere Haare nie wirklich grau, sondern es ist die Mischung aus gefärbtem und unpigmentiertem Haar, die den optischen Eindruck erweckt, dass das Haar grau ist.
Menschen mit empfindlichen Haarpigmenten neigen unabhängig vom Geschlecht eher zum Ergrauen. Unser Lebensstil beeinflusst auch das Ergrauen der Haare. Rauchen, Alkoholkonsum, ungesunde oder einseitige Ernährung und Stress beschleunigen den Alterungsprozess. Wissenschaftler versuchen seit Jahren, Medikamente gegen das Ergrauen zu entwickeln, bisher ohne Erfolg. Glücklicherweise kann künstliche Haarfarbe helfen.

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