Selenbedarf: Vorsicht vor Selenmangel und Selenüberdosierung

Schlagzeilen wie „In Deutschland sind viele Menschen mit Selen unterversorgt“,  „Gerade Vegetarier und Veganer neigen zu einem Selenmangel“ oder Anpreisungen auf den Verpackungen von Selen-Nahrungsergänzungsmitteln – zum Beispiel „Unterstützt den Zellschutz, eine normale Schilddrüsenfunktion und ein gesundes Immunsystem“ – verunsichern viele Menschen. Allerdings sollte niemand ohne Rücksprache mit dem Hausarzt einfach zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen. Denn: Ein Selenmangel führt auf Dauer tatsächlich zu schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen. Doch auch zu viel Selen ist schädlich: Eine Überdosierung kann zu der so genannten Selenose, einer Vergiftung, führen.

Inhaltsverzeichnis

Wofür benötigt der Körper Selen?

Bei Selen handelt es sich um ein für den Menschen lebenswichtiges Spurenelement. Es übernimmt im Organismus zahlreiche Funktionen: Selen wirkt als Motor für die Organsysteme. Insbesondere hat Selen eine zellschützende und entzündungshemmende Wirkung. Daneben gilt Selen als aufmunternd und hat damit auch Auswirkungen auf die menschliche Psyche. Wichtig: Sowohl ein Selenmangel als auch eine Selenüberdosierung können Einfluss auf die Entstehung bestimmter Krebsarten haben.

Selen wird, wenn auch in unterschiedlichen Mengen, so doch grundsätzlich im gesamten Körper benötigt. In Geweben, Organen und auch im Blut findet sich Selen, um eine optimale Körperfunktion sicherzustellen. Kommt es nun zu einem Selenmangel, so wird der Selengehalt nicht gleichmäßig im Körper abgesenkt, sondern es kommt zu einer Umverteilung: Die wichtigsten Organe des Körpers werden vorrangig mit Selen versorgt, so dass für andere Organe weniger Selen übrig bleibt. Zu den Organen, die nachrangig mit Selen versorgt werden, zählen dann die Nieren, die Schilddrüse, die Bauchspeicheldrüsen und auch die Geschlechtsorgane.

Wie hoch ist der Selenbedarf?

Der Selenbedarf ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hängt von mehreren Faktoren ab. Zu den wichtigsten Faktoren gehören das Geschlecht und das Alter. Bei den nachfolgend aufgeführten Bedarfswerten, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung veröffentlicht wurden, handelt es sich daher nur um Schätzwerte. Wer jedoch regelmäßig die angegebene Menge an Selen zu sich nimmt, ist zuverlässig mit Selen versorgt. Kommt es trotzdem zu einem Selenmangel, so muss nicht nur der Selenmangel behoben werden, sondern auch nach den Ursachen für den erhöhten Selenbedarf gesucht werden.

Selenbedarf Babys, Kindern und Jugendlichen:
• 0 bis 4 Monate: 10 Mikrogramm
• 4 Monate bis 4 Jahre: 15 Mikrogramm
• 4 bis 7 Jahre: 20 Mikrogramm
• 7 bis 10 Jahre: 30 Mikrogramm
• 10 bis 13 Jahre: 45 Mikrogramm
• 13 bis 15 Jahre: 60 Mikrogramm

Mädchen und Frauen:
• ab 15 Jahren: 60 Mikrogramm
• während der Schwangerschaft: 60 Mikrogramm
• Während der Stillzeit: 75 Mikrogramm

Jungen und Männer:
• Ab 15 Jahren: 70 Mikrogramm

Ein erhöhter Bedarf an Selen kann unterschiedliche Ursachen haben. Einerseits kann eine eiweißarme Ernährung zu einem erhöhten Bedarf an Selen führen. Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes können dazu führen, dass das Selen aus der Nahrung nur vermindert aufgenommen wird. Auch Raucher und Alkoholiker benötigen mehr Selen, als in den Schätzwerten angegeben. Daneben kann ein erhöhter Selenbedarf durch Nierenerkrankungen und im Rahmen von Krebserkrankungen auftreten. Veganer und Vegetarier haben zwar keinen erhöhten Selenbedarf. Bei ihnen kann es aber ernährungsbedingt zu einem Selenmangel kommen. Das liegt daran, dass Selen vor allem auch in tierischen Lebensmitteln vorkommt.

Was sind Symptome eines Selenmangels?

Da Selen im gesamten Organismus benötigt wird, zeigt sich ein Mangel an Selen auf sehr unterschiedliche Weise. Zu den häufigsten Beschwerden, die aufgrund eines Selenmangels auftreten können, zählen:
• Abgeschlagenheit
• Atembeschwerden
• Wassereinlagerungen
• Anfälligkeit für Infekte (insbesondere Erkältungs- und Magen-Darmerkrankungen)
• Weiße Flecken auf der Haut
• Blasse, schuppige Haut
• Dünne Haare, Haarausfall
• Gelenkbeschwerden
• Verminderte Fruchtbarkeit beim Mann

Ein schwerer oder lange bestehender Selenmangel kann zu schweren körperlichen Beschwerden führen:
• Leberstörung
• Schilddrüsenunterfunktion
• Herzmuskelerkrankung

Zu den ganz gravierenden Folgen eines Selenmangels zählen die Keshan-Krankheit sowie die Kaschin-Beck-Krankheit. Diese betreffen den Herzmuskel beziehungsweise die Gelenke. Beide Erkrankungen kommen in Europa eigentlich nicht vor.

Bei Kindern gehören folgende Symptome zu den potentiellen Anzeichen für einen Selenmange:
• Verringertes Größenwachstum
• Erhöhtes Risiko für das Entstehen von Tumorerkrankungen

Wie wird ein Selenmangel festgestellt?

Bei den meisten der oben dargestellten Symptome, die bei einem Selenmangel auftreten können, handelt es sich um sehr allgemeine körperliche Beschwerden. All die aufgeführten Symptome können auch eine Vielzahl anderer Ursachen haben. Beobachtest du bei dir ein oder mehrere dieser Symptome, so heißt dies noch nicht unbedingt, dass du an einem Selenmangel leidest. Und weil eine Überdosierung von Selen ebenfalls schwerwiegende Folgen haben kann, solltest du auf keinen Fall ohne ärztliche Anordnung Selen-Nahrungsergänzungsmittel zu dir nehmen.

Die Diagnose Selenmangel sollte ausschließlich durch einen Arzt erfolgen. Hierfür wird dein Arzt zunächst nach deiner Symptomatik fragen und deine Krankengeschichte anschauen. Es folgt eine gründliche körperliche Untersuchung und dann eine Blutabnahme. Im Labor kann festgestellt werden, ob ein Selenmangel als Ursache für deine Symptome in Frage kommt.

Wie kann der Selenbedarf gedeckt werden?

Wer sich bewusst und ausgewogen ernährt und zu keiner der oben aufgeführten Risikogruppen (Raucher, Alkoholiker) gehört, der kann seinen Selenbedarf in aller Regel einfach über die Ernährung decken. Hier erfährst du, welche Nahrungsmittel besonders reich an Selen sind:

(Selengehalt pro 100 Gramm)

• Kokosnüsse: 400 - 800 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Steinpilze: 190 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Pistazien: 130 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Weizenkleie: 100 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Sojabohnen: 45 Mikrogramm pro 100 Gramm

Selengehalt pro Portion (Gramm-Zahl variiert daher):

• Roggenvollkornbrot: 70 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Emmentaler: 70 Mikrogramm pro 60 Gramm (2 Scheiben)
• Hühnerei: 70 Mikrogramm pro Stück
• Makrele: 70 Mikrogramm pro 150 Gramm
• Reis: 70 Mikrogramm pro 250 Gramm
• Champignons: 70 Mikrogramm pro 250 Gramm
• Linsen: 70 Mikrogramm pro 100 Gramm
• Geflügelfleisch: 70 Mikrogramm pro 150 Gramm
• Paranüsse: 60 Mikrogramm pro 25 Gramm
• Gouda: 60 Mikrogramm pro 60 Gramm (2 Scheiben)
• Bismarckhering: 60 Mikrogramm pro 150 Gramm
• Kartoffeln: 60 Mikrogramm pro 250 Gramm
• Banane: 60 Mikrogramm pro 100 Gramm (1 Banane)
• Joghurt: 60 Mikrogramm pro 150 Gramm
• Weißkohl: 60 Mikrogramm pro 150 Gramm

Anmerkung: Bei den angegebenen Werten handelt es sich um Durchschnittswerte. Wie hoch der tatsächliche Selengehalt des jeweiligen Nahrungsmittel ist, hängt vom Anbaugebiet beziehungsweise von dem Futter der Tiere ab, von denen Fleisch, Eier oder Milchprodukte stammen.

Zu viel Selen: Was ist eine Selenose?

Die Selenose entsteht, wenn dem Körper zu viel Selen zugeführt wird. Ein Zuviel an Selen ist nämlich ebenso schädlich wie ein Mangel an Selen. Je nach Menge oder Dauer der Überdosierung kann Selen zu schwersten gesundheitliche Schäden führen. Man unterscheidet zwischen einer akuten und einer chronische Selenose. Eine akute Selenose tritt auf, wenn innerhalb von 24 Stunden vier bis acht (oder mehr) Milligramm Selen aufgenommen werden. Eine chronische Selenose entsteht, wenn über längere Zeit 0,6 Milligramm oder mehr am Tag aufgenommen werden.

Zu den wichtigsten Symptomen einer Selenose zählen:

• Anfangs unspezifische Beschwerden des Magen-Darm-Traktes
• Übelkeit
• Erbrechen
• Durchfall
• In der Folge: Dehydrierung (Austrocknung) des Körpers
• Muskelschmerzen
• Schwächegefühl und starke Müdigkeit
• Empfindungsstörungen
• Hautausschläge, Haarausfall, Verlust von Finger- und Fußnägeln

Auf einen Blick

Der Selenbedarf hängt von mehreren Faktoren ab. Zu den wichtigsten zählen das Alter und das Geschlecht. Im Regelfall lässt sich der Selenbedarf eines gesunden Menschen gut über die Nahrung decken. Ein Selenmangel zeigt sich durch eine Vielzahl an Symptomen, die jedoch sehr unspezifisch sind. Eine Abklärung sollte immer über den Hausarzt erfolgen. Auf keinen Fall solltest du bei dem bloßen Verdacht auf einen Selenmangel zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen. Denn eine Überdosierung hat schwerwiegende gesundheitliche Folgen: eine Überdosierung führt zu einer Vergiftung.

Quellen

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/selen-ein-guter-schutz-fuer-unseren-koerper-17732
https://medlexi.de/Selenmangel
https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/selen/
https://www.internisten-im-netz.de/aktuelle-meldungen/aktuell/vitaminergaenzung-nur-bei-tatsaechlichem-mangel.html
https://flexikon.doccheck.com/de/Selenose

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